
Klartext vom Bundestrainer!
Jogi Löw (59) zu Gast bei „BILD 100“. Das Interview mit dem Bundestrainer.
BILD: Herr Löw, verfolgt Sie der Name Leroy Sané gar nicht in Ihren Träumen?
Löw: „Doch. Mit dem Leroy habe ich natürlich auch kurz vor der endgültigen WM-Nominierung gesprochen, einige Dinge vereinbart und ihm gesagt, was ich ab September von ihm erwarten würde. Dort hat er sich dann hervorragend präsentiert. Sané ist ein großartiger Spieler, mit super Qualitäten, der das auch in diesem Jahr immer wieder gezeigt hat, auch wenn nicht immer von Anfang an. Bei ManCity hat er ja auch nicht immer diese vielen Einsätze über 90 Minuten. Bei einem Spitzenverein ist das manchmal so. Für uns hat er aber, gerade nach der WM, tolle Spiele gemacht. Er ist für die Zukunft eminent wichtig.“
BILD: Fühlen Sie sich bestätigt, dass Sané bei Pep Guardiola auch nicht immer so häufig spielt? In den letzten Spielen war er nur noch zweite Wahl.
Löw: „Nein, mit Bestätigung hat das nichts zu tun. Ich weiß natürlich: Bei solchen Vereinen wie Manchester City, Real Madrid, Barcelona oder Bayern München gibt`s nicht Spieler, die immer spielen. Man braucht natürlich auch einen langen Atem für eine lange Saison. Man hat drei Wettbewerbe, da wird es immer mal Wechsel geben. City hat gerade auf den Außenpositionen mit Sterling, Bernardo Silva und anderen auch Super-Spieler. Da hängt es auch immer von der aktuellen Form ab. Sané hat jetzt nicht ganz so viel gespielt. Insgesamt ist seine gesamte Haltung, Einstellung und Fokus schon auch noch mal stark verbessert. Manchmal müssen junge Spieler das auch ein wenig lernen. Er wird manchmal ein wenig hochgepusht. Da verliert man auch vielleicht die Konzentration, schwimmt auf einer Welle. Ich glaube, dass es im Nachhinein für den Leroy gar nicht so schlecht war, diese bittere Pille zu schlucken. Er kam zurück im September und hat mich vom ersten Moment im Training überzeugt. Das war für mich eine wichtige Erkenntnis.
BILD: Würden Sie sich denn freuen, wenn Sané jetzt zum FC Bayern wechselt?
Löw: „Meiner Meinung nach und was er mir immer gesagt hat, fühlt er sich bei ManCity grundsätzlich sehr wohl, unter dem Trainer wie der Spielweise. Was er für Gedanken aktuell hat, weiß ich nicht. Bayern München ist aber generell immer eine gute Adresse, keine Frage. Er kennt Deutschland, hat bei Schalke gespielt. Bayern München ist ein ambitionierter Verein, der immer um alle Titel mitspielen will. Von daher, wenn der Wechsel zustande käme, wäre das für ihn eine gute Geschichte und für uns auch. Für Deutschland wie auch die Bundesliga wäre es gut. Ich werde nächste Woche mal mit ihm reden und Näheres erfahren.“
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BILD: Was haben Sie gedacht, als Sie hörten: Bayern will Sané.
Löw: „Das ist ja schon mal eine Aussage, wenn der Präsident so etwas sagt wie „Wir beschäftigen uns damit“. Dann kann man annehmen, dass das konkrete Formen annimmt und Bayern München möglicherweise schon ein Angebot an Manchester City abgibt. Wie Bayern im Detail plant, bin ich überfragt. Sie haben auf den Außenpositionen Gnabry, Coman und Davies. Sie müssen selber entscheiden, wo sie noch Bedarf haben. Die Situation wird sein: Egal, ob sie Nationalspieler oder jung sind, wie Gnabry, Coman oder eventuell Sané, sie werden dort nicht immer von Anfang an 90 Minuten spielen.“
BILD: Ging es Ihnen nach der WM und den anstrengen neun Monaten danach auch mal persönlich richtig schlecht?
Löw: „Mir ging es schon auch richtig schlecht nach der WM, das ist doch ganz klar. Wir waren ja alle wahnsinnig enttäuscht, mit Worten konnte man kaum beschreiben, was da passiert ist. Wir waren ja lange in der Weltspitze und haben uns da oben lange gegen viele Widerstände gehalten. Dass es dann so einen Einbruch gibt, da passiert schon viel mit einem.“
BILD: Was machen Sie in so einer Situation? Gehen Sie da auch mal einen Trinken?
Löw: „Selbst darauf hat man irgendwie keine Lust mehr. Es ist eine unglaubliche Lehre. Wenn man in der Kabine ist oder auch der Abend im Hotel und es wird kaum gesprochen. Dann fliegst du nach Hause und weißt, man hat eine ganze Nation enttäuscht. Mit den Ergebnissen, aber auch mit der Art und Weise wie man gespielt hat. Die Spieler sind, wie beispielsweise gegen Mexiko, rumgelaufen wie mit einer Bleiweste. Das war kaum zu erklären. Die Art und Weise war wahnsinnig enttäuschend für die Fans.“
BILD: War das 0:3 gegen Holland nach der WM nicht ein Rückschlag bei dem Sie alles wieder in Frage stellen mussten?
Löw: „Ja. Die Analyse war schon, dass diejenigen die bei der WM dabei waren, trotzdem eine große Qualität haben. In drei Spielen haben sie diese mal nicht abgerufen. Vorher jedoch haben mich diese Spieler in zehn, elf Jahren so gut wie nie enttäuscht. Boateng, Hummels, Müller haben seit 2010 für Deutschland super, großartige Arbeit gemacht. Das sind überragende Spieler und großartige Charakter. Sie sind Weltmeister, waren vier, fünf Jahre die Nummer eins. Diese Spieler haben mich nie enttäuscht, bei der WM: Ja. Deswegen war ich der Meinung: Gerade in dieser Situation bekommen diese Spieler von mir noch mal eine Chance. Ich dachte, man könnte eine Trotzreaktion hervorrufen. Es wäre einfach gewesen, nur noch junge Spieler zu bringen, wie es ganz Deutschland forderte. Aber mein Gefühl war anders. Vielleicht war das ein Fehler. Bei der WM muss ich ehrlich sagen, in diesen drei vier Wochen in Russland, habe ich manchmal gedacht: Wo ist nur mein Bauchgefühl, meine Intuition? Ich habe sie nicht mehr gehabt. Nach der WM auch nicht. Trotz aller Analysen, mein Gefühl hatte mich verlassen. Nach dem Holland-Spiel habe ich dann gedacht: Jetzt müssen wir mehr den Jungen eine Chance geben und Raum schaffen, damit sie sich entfalten. Da reifte in mir der Gedanke: Trotz der großartigen Generation der letzten Jahre müssen wir den Umbruch einleiten.“
BILD: Dann kam die Reise nach München, von der Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge sagt, sie hätte ihn an eine James-Bond-Aktion erinnert. Würden Sie das noch mal so machen?
Löw: „Ich würde es wieder so machen. Ich hatte mir überlegt: Es betrifft drei Spieler. Ich wollte es diesen Spielern persönlich sagen. Ich wollte auf keinen Fall, dass vorher etwas in den Medien kommt. Wenn ich die Spieler zwei Tage vorher anrufe, sickert irgendwie etwas durch. Wenn ich den Verein anrufe, sickert auch etwas durch. Es war eine gewagte Situation, wie wir sie auch noch nicht hatten. So hart und so brutal es ist unter vier Augen: Ich musste es ihnen sagen, nicht von anderer Seite. Von daher war für mich die einzige Möglichkeit, es so zu tun.“
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BILD: Sie sagten, dass der DFB sich relativ schnell zu Ihnen bekannt hat. Haben Sie Verständnis, dass die Bayern sich bei Niko Kovac in der Öffentlichkeit damit gerade schwer tun, zu sagen ,Das ist unser Mann im nächsten Jahr‘?
Löw: „Der Trainer braucht grundsätzlich das Vertrauen, denn er muss es an die Spieler weitergeben. Wenn das gegeben ist und der Trainer stark ist, ist das schon eine wichtige Grundvoraussetzung. Im Fall der Bayern und Niko Kovac weiß ich es nicht. Karl-Heinz Rummenigge sagt vor drei, vier Wochen: „Bei Bayern München müssen alle liefern“. Das finde ich eigentlich nicht verwerflich, nicht respektlos. Das ist völlig okay. Bei einem Verein, der solche Ambitionen hat, müssen alle liefern: Vorstand, Spieler, Trainer. Verliert Bayern beide Titel, wäre es vielleicht schwierig, den Trainer zu halten. Rummenigge sagt das, was professionell ist. Was daraus gemacht wurde, auch von Teilen der Medien, das ist schon ein Mechanismus.“
BILD: Nach der Meisterschaft hätte man aber durchaus sagen können: geliefert.
Löw: „Kann man machen, das ist Sache von Bayern München. Was mir aufgefallen ist: Niko Kovac wird Meister und die erste Frage, die ihm vor laufenden Kameras gestellt wird, ist „Wie geht es mit Ihnen weiter?“ Das ist die erste Frage, wenn ein Trainer Meister wird? Da muss man sich auch mal fragen, ist das in diesem Moment fair? Oder ist das respektvoll?“
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BILD: Zwei letzte Fragen: Gönnen Sie Mesut Özil den Titel in der Europa League?
Löw: „Das hat mit Mesut Özil nichts zu tun, ich bin da relativ neutral. Es spielen zwei englische Mannschaften, natürlich spielen da ein paar von uns mit Leno, Mustafi und Özil. Auf der anderen Seite steht Toni Rüdiger, der derzeit leider verletzt ist. Ich würde beiden Seiten den Titel gönnen.“
BILD: Sie haben bis heute keinen Kontakt zu Mesut Özil?
Löw: „Nein. Am Anfang fand ich das relativ hart und enttäuschend. Mittlerweile habe ich das akzeptiert. Ich habe mit dem Spieler lange zusammengearbeitet und wir hatten eigentlich ein gutes Verhältnis. Für mich war selbstverständlich, dass er mich persönlich anruft, nach seinem Rücktritt. Mich hat dann der Berater angerufen und gesagt, der Mesut ruft mich einen Tag später an, um mir das alles genau zu erklären. Das ist bis zum heutigen Tag nicht geschehen. Wir haben mehrmals den Versuch unternommen, waren bei Arsenal beim Training. Aber der Mesut war nicht zu sehen. Manchmal muss man als Trainer auch persönliche Enttäuschungen irgendwie akzeptieren.“
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2019-05-24 14:51:00Z
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