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VfB Stuttgart: Dem Abstieg entgegen - SPIEGEL ONLINE

Nach einem 2:2 im Relegationshinspiel gegen Union Berlin spricht in Stuttgart vieles für den Gang in die Zweite Liga. Dem VfB fehlt es an Geist und Qualität. Selbst das eigene Publikum zweifelt an der Rettung.

Ratlosigkeit bei Mario Gomez
Tom Weller/ imago images/ Eibner

Ratlosigkeit bei Mario Gomez

Mario Gomez kennt das Stuttgarter Stadion von Kindesbeinen an, der VfB ist sein Verein, den er nie aus den Augen verloren hat. Nicht, als er in München spielte, nicht in Florenz, oder in Wolfsburg. 2007 wurde Gomez hier Deutscher Meister. Er hat erlebt, wie euphorisch es zugehen kann in dieser Arena. Aber nun, da dem VfB der Abstieg in die Zweite Liga droht, da bekam Gomez am Donnerstagabend zu spüren, welche Last auf seinem Verein liegt. Und er sagte, dass ihm "diese ganze Stimmung jetzt nicht gefällt".

Vor dem Anpfiff des Relegationshinspiels gegen Union Berlin war das ausverkaufte Stuttgarter Stadion noch bereit, daran zu glauben, dass der VfB bestehen könnte. Die Stimmung war gut, und die Fans waren siegessicher. Nach dem 2:2 (1:1) aber war davon nichts mehr übrig. Nicht nach dieser Leistung, nicht nach einem Spiel, das man auch 2:4 hätte verlieren können, wenn das bessere Team etwas mehr Glück gehabt hätte. Und das bessere Team war Union Berlin. Der Zweitligist.

Als die Stuttgarter Fans nach dem Schlusspfiff ihre Wut herausließen, war der VfB von all den Faktoren eingeholt worden, welche die abgelaufene Spielzeit zu einem Desaster mit jämmerlichen 28 Punkten haben werden lassen: fehlende Konzentration, fehlender Spirit, fehlende Qualität. Gegen Union hatte der VfB als Bundesligist mit Heimrecht zweieinhalb Torchancen. Überraschungsmomente lassen sich mit Zeitlupen-Fußball in der Zentrale eben nicht bewerkstelligen. Nicht mit diesem langsamen Mittelfeld.

Eher eine Ansammlung von Einzelspielern als eine Mannschaft

Zweimal war Stuttgart in Führung gegangen: Der erste Treffer war die Folge einer starken Einzelleistung. Anastasios Donis zeigte, was mit Geschwindigkeit alles möglich ist gegen Union, er ließ fünf Berliner stehen und legte auf Christian Gentner zurück. 1:0. Beim zweiten Tor war Glück dabei: Gomez kraftloser Abschluss wurde nur zum Treffer, weil ihn Berlins Marvin Friedrich mit dem Gesicht unhaltbar abfälschte. Mehr zwingende Chancen hatte der VfB nicht, sieht man mal von einem Donis-Schuss in der siebten Minute ab. Zwischen der 2:1-Führung und dem Schlusspfiff hatte Union-Keeper Rafal Gikiewicz nichts zu tun. 40 Minuten Langeweile für einen Zweitliga-Keeper.

Dass der VfB Stuttgart im Mai 2019 ein fragiles Gebilde ist, dass man nicht wirklich von einer Mannschaft sprechen kann, sondern eher von einer Ansammlung von Einzelspielern, sah man jeweils nach den beiden eigenen Toren: Nach dem 1:0 bejubelte der VfB gedanklich noch die Führung, da erzielte Union vom Anstoßkreis weg den Ausgleich. Ein simpler langer Ball, eine Kopfballablage vom starken Berliner Stoßstürmer Sebastian Andersson, das Tor von Suleiman Abdullahi. So einfach ging das.

Auch das 2:2 fiel in einer Phase, in der der VfB eigentlich Oberwasser hatte. Eine Ecke, ein Kopfball - und ein jubelnder Friedrich, der nach dem Spiel lange überlegen musste, welche Antwort er auf die Frage geben sollte, ob es ihn nicht gewundert habe, wie frei er da bei so einem wichtigen Spiel gewesen sei. Man darf festhalten: Es hat ihn gewundert.

Aus Angst wird Wut bei den Fans

Die Stuttgarter Fans hat all das nicht so sehr gewundert. Die bangen Blicke konnte man schon in der ersten Hälfte sehen. In der zweiten wurde aus Angst vielerorts Wut. Auf der Haupttribüne wurde gepfiffen, in der Cannstatter Kurve kletterten nach dem Schlusspfiff 30 Fans über die Absperrung und drohten mit Fäusten. Die Spieler, die 20 Meter vor der Kurve stehengeblieben waren, verhielten sich auch nach dem Schlusspfiff passiv. Erst 75 Minuten nach Abpfiff kam der erste auskunftswillige Stuttgarter aus der Kabine. Donis sagte, man habe beim Rückspiel, "ein echtes Finale vor der Brust". Und, nein, er glaube nicht, dass das psychologische Momentum für Union spreche.

Wütende Stuttgarter Fans
Alex Grimm / Getty Images

Wütende Stuttgarter Fans

Vielleicht gelingt es ja Stuttgarts Trainer Nico Willig, vor dem Rückspiel am Montag in Berlin tatsächlich zu vermitteln, dass sein VfB "mehr Aggressivität auf den Platz bekommen und wesentlich agiler unterwegs sein muss. Ansonsten haben wir keine Siegchance." Auch Kollege Urs Fischer von Union Berlin habe sein Team nach dem enttäuschenden 2:2 in Bochum innerhalb von vier Tagen wieder aufrichten können, so Willig, dann könne ihm das auch glücken. Das klang trotzig, verschwieg aber das Offensichtliche: Fischer trainiert eine Fußballmannschaft, Willig den VfB der Saison 2018/2019.

VfB Stuttgart - Union Berlin 2:2 (1:1)
1:0 Gentner (42.)
1:1 Abdullahi (43.)
2:1 Gomez (51.)
2:2 Friedrich (68.)
Stuttgart: Zieler - Pavard, Kabak, Kempf, Emiliano Insua - Castro, Gentner - Didavi (46. Gomez), Akolo (73. Zuber), González (82. Esswein) - Donis
Berlin: Gikiewicz - Trimmel, Friedrich, Parensen, Reichel - Schmiedebach (84. Kroos) - Prömel, Zulj - Abdullahi (80. Gogia), Hartel (60. Mees) - Andersson
Schiedsrichter: Bastian Dankert
Zuschauer: 58.619 (ausverkauft)
Gelbe Karten: Kempf - Trimmel, Kroos

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https://www.spiegel.de/sport/fussball/bundesliga-vfb-stuttgart-enttaeuscht-in-relegation-gegen-union-berlin-a-1269058.html

2019-05-24 06:28:00Z
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