Kovac gilt weiterhin als reaktiver Trainer

Niko Kovac, der Mann, der in seinem ersten Jahr als Trainer beim FC Bayern zwei Titel gewonnen hat, darf zur Belohnung nun immerhin mit einem Satz in die Sommerpause gehen, der von anrührender Schönheit ist. Der Satz stammt vom berüchtigten Rhetoriker Rummenigge, und er geht so: "Es war für uns kein Thema, dass er mit seiner Laufzeit, die er hat, bis 2021, vorher ganz einfach da nicht mehr Trainer ist."

Man muss den Satz wirken lassen, noch mal lesen, noch mal genießen, und dann darf man ihn vielleicht wie folgt vom Rummeniggeschen ins Deutsche übersetzen: Am Ende des Tages ist festzustellen, dass Niko Kovac bei uns einen Vertrag bis 2021 besitzt, und wir haben erst mal nicht vor, ihn zu entlassen (bessere Übersetzungsvorschläge bitte in einem frankierten Rückumschlag an die Säbener Straße 51 - 57).

Natürlich wissen sie bei Bayern, dass sie sich trotz ihrer eigenen Schwerkraftgesetze nicht von einem Trainer mit zwei Titeln trennen können, dessen Elf pünktlich zum Saisonfinale in enormer Form auftritt. Dieses intensive Pokalspiel war kein Fest für Taktiknerds, aber die Bayern konterten Leipzigs starke Anfangsphase mit erheblicher Körperspannung, Spieler wie Lewandowski, Thiago oder Alaba wirkten straff wie lange nicht mehr. Dennoch gibt es intern Debatten über den Beitrag des Trainers an dieser Entwicklung, solche Debatten sind das gute Recht der Klubführung, die prüfen muss, mit welchem Führungspersonal sie in die obszön teure Zukunft zieht. Kovac gilt intern und auch bei so manchem Spieler als reaktiver Trainer, dessen defensive Denkungsart nicht zu den dominanten Bayern passt, aber klar ist allen auch dies: einen Trainer verwenden kann man ein Double eher nicht - schon gar nicht gegen einen Trainer, den die Fankurve mit Sprechchören feiert.

Bei Bayern erzeugen Titel möglicherweise Wärme

Kovac' Haltung hat den Leuten Respekt abverlangt, die Bayern haben ihn in eine schwierige Umbruchsaison geschickt, mit Spielern, die frustriert von der WM kamen und trotzdem anspruchsvoll sind, und Kovac hat nie die Nerven verloren und ist immer höflich geblieben. Er hat mit den zwei Titeln jetzt einfach "bitte!" gesagt und geliefert, auch ohne vorherigen Dank. Seine Spieler haben ihn in Berlin zwar nicht in die Luft geworfen und nicht mit Bier überschüttet, aber Zeichen der Annäherung waren zu erkennen. Müller hat Kovac nach dem Spiel herzhaft auf die Schulter gehauen, Thiago hat ihn umarmt. Ein physikalisches Gesetz auf dem Planeten Bayern möglicherweise: Titel erzeugen Wärme.

Es sei ja wohl "gar keine Frage, dass unser Trainer nächste Saison Niko Kovac heißt", sagte Uli Hoeneß am Sonntag am Rande der Doublefeier in München. Dennoch bleiben bei den Bayern offenbar Zweifel, ob ihr aktueller Erfolgscoach in diesem anstrengenden Umbruchprozess auch ein dauerhafter Erfolgscoach sein kann. Nach SZ-Informationen hat Hoeneß wie bereits berichtet schon mal Hansi Flick kontaktiert, Jogi Löws ehemaligen Weltmeister-Assistenten und späteren DFB-Sportdirektor, der die Rolle von Peter Hermann als starker Kovac-Assistent ausbauen könnte.

Flick, inzwischen zurück von Weiterbildungstouren bei Thomas Tuchel, Pep Guardiola und Roger Schmidt in China, hat aber wohl auch andere Angebote vorliegen, es ist völlig offen, ob Bayern und er sich überhaupt ernsthaft füreinander interessieren werden - und was im Zweifel Niko Kovac davon hält. Nach einem ersten Kontakt hat sich Hoeneß mit Flick offenbar vertagt, auf die Zeit nach dem Pokalfinale.