Alles schwärmt vor dem Champions-League-Halbfinale von Ajax Amsterdam, auch Peter Ahrens tut das. Gleichzeitig droht dem Team der Ausverkauf im Sommer. Aber das wäre überhaupt kein Grund zur Trauer.
Ajax Amsterdam hatte seine beste Zeit in den Siebzigern. Es waren jedoch nicht nur die Jahre des Johan Cruyff und des berauschenden Fußballs - es waren auch die Jahre der langen Haare, der Utopien von Freiheit und Grenzenlosigkeit. Und je länger man zurückblickt, desto nostalgischer wird der Blick, desto länger werden die Haare und freier die Utopien. Es war auch die Zeit der Kratzpullover und der K-Gruppen, aber das verschwimmt in der Rückschau.
Wer in den Siebzigerjahren aufgewachsen ist, hatte es nicht besonders schwer, sich in Ajax zu verlieben. Cruyff, Johnny Rep oder Ruud Krol passten wunderbar neben Günter Netzers Borussia Mönchengladbach ins Fansortiment. Fußball, der mit den alten Gewohnheiten bricht, Aufbruch-Fußball, totaler Fußball in einer Zeit, in der Leben auch total sein sollte.
Der Fußball hat sich in den 50 Jahren danach grundlegend verändert, der Rest des Lebens noch viel grundlegender. Aber Ajax Amsterdam scheint immer noch so etwas wie die Sehnsüchte der Siebziger ins Heute zu transportieren. Die Mannschaft von 2019 hat es mit schönem Fußball bis ins Halbfinale der Champions League geschafft, wo am Abend Tottenham Hotspur (21 Uhr Sky, Liveticker SPIEGEL ONLINE) wartet. Ajax hat auf dem Weg dorthin Titelverteidiger Real Madrid und Juventus Turin ausgeschaltet - zwei Mannschaften, die man wohl unwidersprochen als Vertreter des Turbokapitalismus-Fußballs bezeichnen kann.
Hip, Ajax, hip
Spätestens seit dem Viertelfinale von Turin gehört es zum guten Ton, von Ajax Amsterdam zu schwärmen, vom jungen und schon so erwachsenen Kapitän Matthijs De Ligt, vom Mittelfeld-Schlaukopf Frenkie de Jong, vom Vorlagengeber Hakim Ziyech. Ajax ist extrem partytauglich geworden. Hip, Ajax, hip.
Das Team ist so etwas wie das Gute im bösen Fußball, das richtige Leben im falschen, aber die Schwärmerei wird stets vom Unterton der Bitternis begleitet: Diese Mannschaft, so der Subtext zu fast jedem Ajax-Lob, wird im Sommer auseinander gekauft, De Ligt, de Jong, Tagliafico, Ziyech, sie alle werden umworben oder sind bereits im Wort bei den europäischen Big Sellern. Das Böse siegt doch.
Es gibt andere Vereine in Europa, die ähnliche Schicksale zu beklagen haben. Benfica Lissabon und der FC Porto, die beiden portugiesischen Spitzenklubs zum Beispiel. Sie waren zuletzt sogar häufiger in der Champions League vertreten als Ajax, dennoch müssen auch sie Jahr für Jahr ihre Besten ziehen lassen. Das große Weinen in Deutschland hat man darüber nicht vernommen, nur Achselzucken, so ist das halt.
Ich bin in den Siebzigern aufgewachsen, ich habe die Ajax-Festspiele unter Cruyff als Kind gesehen, ich war immerhin so schmächtig wie König Johan, wenn ich auch sonst nichts mit ihm gemein hatte. Ich bin an diesem Klub hängengeblieben, das war eine leichte Übung.
Ich habe mich später an der großen Mannschaft von 1995 entzückt, die in Wien die Champions League gegen den AC Mailand gewann. Ich habe den Kungfu-Ausfallschritt des damals jungen Trainers Louis van Gaal bejubelt, das Siegtor des noch viel jüngeren Patrick Kluivert. Auch damals sind die Jungstars danach in alle Welt gegangen, nach England, Spanien, Italien - dorthin, wo das ganz große Geld saß. Torwart Edwin van der Sar, die De-Boer-Zwillinge, Edgar Davids, Clarence Seedorf oder Kluivert. Das ändert aber nichts daran, wie sehr ich diesen Abend von Wien genossen habe.
Abgesänge wiederholen sich
So wie ich jetzt auch die Ajax-Europacup-Abende von 2019 genieße, mich daran erfreue, wie Tadic und Neres die Real-Abwehr im Achtelfinal-Rückspiel in Bernabeu auseinander geschraubt haben und Madrids Kapitän Sergio Ramos dies in seiner Loge tatenlos ansehen musste, weil er sich in seiner grenzenlosen Arroganz mit einer provozierten Gelben Karte im Hinspiel selbst aus dem Match genommen hatte. In solch einem Moment ist es mir völlig egal, ob die Spieler 2020 bei Barcelona ihr Geld verdienen, bei Borussia Dortmund oder Tottenham Hotspur. Die Mannschaft 2019, ihr Kombinationszauber im Viertelfinale in Turin, das bleibt. Zur Nostalgie gehört die Vergänglichkeit.
Die Abgesänge aufs Ajax-Team wegen des Abwerbens der Leistungsträger - all das war auch vor zwei Jahren schon wortgetreu so zu lesen. Ajax mit Trainer Peter Bosz war ins Endspiel der Europa League vorgeprescht, auch da schwärmten die Fußball-Wehmütigen und betrauerten den Ausverkauf. Anschließend verließ der Trainer den Verein in Richtung Bundesliga, Davinson Sanchez ging zu Tottenham, Bertrand Traoré und Kenny Tete wechselten nach Lyon, Jairo Riedewald zu Crystal Palace, Kapitän Davy Klaaßen zog es erst zum FC Everton und dann nach Bremen.
Ajax hat danach einfach weitergemacht, und die neue Mannschaft ist noch besser geworden. Sie wird auch ab dem Sommer einfach weitermachen. Und sich immer wieder an dieses berauschende Frühjahr 2019 erinnern.
https://www.spiegel.de/sport/fussball/ajax-amsterdam-verliert-im-sommer-viele-leistungstraeger-na-und-a-1265035.html
2019-04-30 09:34:00Z
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